Keine Ahnung woher du kamst – doch auf einmal warst du da – unsere Blicke trafen sich und vielmehr als staunen konnte ich nicht. Noch nie habe ich jemenschen wie dich getroffen – unglaublich. Mein erster Gedanke war, dass du bestimmt eine*n Freund*in hast. Jemensch mit einem solch selbstbewussten Auftreten, intensiver positiver Ausstrahlung und stark wirkender Anziehungskraft – ich dachte, wir würden uns nie näher kennenlernen. Die Zeit, das unvorhersehbare Leben und du zeigten mir etwas anderes.

Noch am selben Tag habe ich mir deine Songs wiederholt angehört. Ich war nur noch mehr fasziniert von dir. Erst einen sich ewig anfühlenden Monat später, habe ich dich wieder angetroffen. Zugefallen am Disco-Flohmi und noch zugefallener im gleichen Kulturhaus. Du warst mit jemenschem da, ich war mit jemenschem da und unser Gespräch bestand darin, dass ich dir ein Kompliment für deine Songs gab, ich daraufhin verwirrt angeschaut wurde von dir, bis auch du dich erinnertest. Menschen um uns hatten andere Pläne und zeitlich kamen wir nicht zu mehr … es sollte gesamthaft fünf Monate der Selbstfindung dauern, in denen ich erste Klarheiten in meiner sexuellen Orientierung sammelte, bis ich dich wieder traf.

An meinen Tisch bist du gesessen und ich erkannte dich sofort wieder. Mein brennendes Interesse an dir flammte schlagartig wieder auf. Jemensch aus der Runde betitelte uns mit einem typischen „Lesbian Klischee“, weil wir farblich und modellar dasselbe Handy besassen (zur Erklärung: Lesbische Paare – so sagen es manche – besässen das gleiche Handy).

Weil du auf der Suche nach einem*r neuen Mitbewohner*in warst, tauschten wir spontan die Nummern aus. Die Initiative kam von mir – jedoch wirklich nur, um dir zu helfen, jemenschen für das WG-Zimmer zu finden. Ich ging davon aus, dass du mich nicht so interessant fandest wie ich dich.

An dem Abend erzähltest du mir von deiner erst kürzlich beendeten Beziehung …

Ich erzählte dir von meiner Erfahrung mit Mensch: als ich zum ersten Mal ein Treffen als Date einordnen konnte und wie ich dann erfuhr, dass es auf freundschaftlicher Basis weiterlaufen sollte.

Mitten in unserem Gespräch gab es eine abrupte Unterbrechung.

Im letzten Bus sitzend, ging mir einiges durch den Kopf.

Dich einfach so stehen zu lassen, vieles, was ich dir erzählen wollte, nicht zu können und dich nun allein zu wissen, obwohl ich stundenlang bei dir hätte sein wollen, das liess mir keine Ruhe.

Einerseits wollte ich dir unbedingt schreiben und fragen, wie es dir geht. Andererseits hatten wir die Nummern nicht dafür ausgetauscht, sondern wirklich nur wegen des WG-Zimmers.

Jedenfalls redete ich mir das ein.

Nach etlichem Hin und Her entschied ich mich gegen eine Nachricht an dich.

Am nächsten Tag traf ich eine*n Kolleg*in von mir. Ich konnte gleich die Nummer von dir, wie abgemacht, weiter-leiten. Das schrieb ich dir nun auch so. Ich war seeeeehhhhh-hhrrrrr nervös. Deine Nachricht, welche sich mehr auf mich bezog, – wie es mir ginge und dass du dich mega freutest, mich wieder zu sehen – liess mich nur noch nervöser werden. Doch es machte Klick. Zum ersten Mal vergass ich meine Ängste und vermutete, dass es auch dir ähnlich ergehen könnte.

Ehe ich mich versah, traf ich dich einen Tag später, um zum ersten Mal …

… mit dir am See entlangzuspazieren … mich vollkommen auf dich konzentrieren zu können … mit dir einen gemütlichen Platz auszusuchen … meine unersättlich brennenden Fragen an dich stellen zu können

… mit dir den Sternenhimmel zu bewundern

… kribbeln in meinem Bauch zu spüren … mit dir wiederkehrenden intensiven Augenkontakt

auszutauschen

… meinen Herzschlag so schnell Schlagen zu spüren wie noch nie

… mit dir den magischen Augenblick wahrzunehmen … mir bewusst zu werden, dass du tatsächlich immer näher zu mir hin rutschst … mit dir verlegene Blicke auszutauschen … das Bedürfnis zu verspüren dass meine Lippen, die deinen berühren …

… mich von dir unbeholfener als sonst zu verabschieden.

Unendliche drei Tage vergingen und ich konnte dich zum Kaffee treffen. Ob ich wirklich einen Kaffee getrunken habe, weiss ich nicht mehr. Umso genauer dafür, dass du immer nervöser wurdest. Oder erging das nur mir so? Ich sprach den letzten Samstag an. Gewissheit suchte ich, indem ich dich fragte, ob auch du diesen einen Moment verspürt hattest.

Welchen ich meinte? Diese eine kussreife Filmszene, welche aus einem Oscar preisgekrönten Liebesfilm hätte stammen können. Dir erging es ebenso? Bauchkribbeln flammte auf.

Dich mit meinen Augen eingehend bewundern – wirklich mehr als das konnte ich gerade nicht.

Meine Hand lag, wie deine, ausgestreckt auf dem Tisch. Ich beobachtete dich. Dich macht es nervös? Entschuldige, war keine Absicht. Du findest es krass, dass ich dich so intensiv anschaue? Oh, mir geht gerade einiges durch den Kopf. Was?

Ich bin beim Samstagabend hängen geblieben und frage mich, wie es gewesen wäre, dich zu küssen. Dir ergeht es ebenso?

Huch … jetzt ist mir nur noch heisser. An den Fingern spieltest du mit deinen Ringen. Ich konnte nicht wegschauen. Dir war das wohl offensichtlich nicht entgangen, deine Hände kamen langsam näher über den Tisch. Die Atmosphäre baute sich prickelnd auf. Intensiver Augenkontakt, während deine Finger immer näher zu den meinen kamen. Und … dann …

WOW!!!!!!!!!!!!!

Ich löste mich von der Berührung an meinen Fingern und schüttelte mich kurz durch. Dieser feurige Blitzschlag, der durch meinen ganzen Körper zuckte, erschreckte mich. So eine intensive Reaktion hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nie bei einem Menschen verspürt. In meinem ganzen Leben nicht. Das war nicht aber die einzige Reaktion meines Körpers. Ich versuchte es dir „durch die Blume“ mitzuteilen, ohne dass es mir unangenehm war. Ich wollte, dass du weisst, was du in mir auslöstest. Und zwar ALLES. Mein starkes Verlangen, dir dies mitzuteilen, verging nicht.

Und auch mein starkes Interesse, dich weiter zu treffen, blieb bestehen.

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